Welche Rolle spielt Religion in der modernen deutschen Gesellschaft?

In Deutschland können Menschen ihren Glauben frei ausüben, unabhängig davon, welcher Religion sie angehören. Religion und Staat sind getrennt. Etwa jede zweite Person in Deutschland ist ein Christ, etwa fünf Prozent sind Muslime und vier Prozent gehören anderen Religionen an. Sechsunddreißig Prozent der Bevölkerung, mehr als jeder Dritte, gehören keiner Religion an – ein Aufwärts-Trend.

Christentum

Wie man von einem Land mit 1300 Jahren christlicher Tradition erwarten kann, ist das Christentum nach wie vor die vorherrschende Religion in Deutschland. Obwohl die Zahl der praktizierenden Christen abnimmt, ist die christliche Religion in Deutschland im kulturellen Erbe des Landes präsent.

Etwa 65% der Bevölkerung sind Anhänger der christlichen Religion in Deutschland. Sie sind mehr oder weniger gleichmäßig auf die Evangelische Kirche in Deutschland, die Römisch-Katholischen Kirche sowie die vereinigten Mainstream-Konfessionen des Lutherisch-Protestantismus und des Calvinismus aufgeteilt.

Minderheitsreligionen in Deutschland

Neben kleineren christlichen Gemeinden sind der Islam (ca. 4% der deutschen Bevölkerung), das Judentum und der Buddhismus (beide weniger als 1% der deutschen Bevölkerung) wichtige Minderheitsreligionen in Deutschland.

  • Judentum
    Nach Angaben der Spätantike leben Juden seit 321 n. Chr. in Deutschland. Seit mehr als eineinhalb Jahrtausenden schwankt das Verhältnis zwischen der jüdischen Diaspora und der deutschen Mehrheitsbevölkerung zwischen einem ruhigen Zusammenleben und religiös motivierter Verfolgung, zwischen dem Status der Juden als soziale Ausgestoßene und ihrer langsamen Eingliederung in die Gesellschaft. Vor 1933 gab es in Deutschland mehr als 600.000 Juden. In den folgenden zwölf Jahren tötete das grausame antisemitische NS-Regime die meisten derjenigen, die nicht auswanderten. Heute, mehr als 65 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, zählt die jüdische Gemeinde in Deutschland über 100.000 Mitglieder.
  • Islam
    Der Islam ist im direkten Vergleich zum Judentum eine weitaus neuere Religion in Deutschland. Es geht auf die Einwanderung von Gastarbeitern und Flüchtlingen nach dem Zweiten Weltkrieg zurück. Die meisten Muslime in Deutschland haben einen türkischen, kurdischen, iranischen, palästinensischen oder bosnischen Hintergrund und haben sich in verschiedenen dezentralen Organisationen organisiert.

Trennung von Staat und Religion

Der deutsche Staat hat sich in seiner Verfassung verpflichtet, Religionen und Weltanschauungen neutral zu behandeln. Es darf sich nicht mit einer religiösen oder weltanschaulichen Konfession identifizieren. „Neutral“ bedeutet jedoch nicht, dass der Staat den Religionen gegenüber ablehnend oder gleichgültig ist. Es ist der politische Konsens, dass die Religionen zum Zusammenhalt der Gesellschaft beitragen.

Das Bundesverfassungsgericht hat daher vorgeschlagen, dass der Staat eine Politik der „konstruktiven Neutralität“ gegenüber Religionen und Weltanschauungen verfolgt. Konstruktive Neutralität bedeutet, dass Staat und Religionen in vielen Bereichen partnerschaftlich zusammenarbeiten. Christliche Feiertage wie Weihnachten, Ostern und Pfingsten sind verfassungsrechtlich geschützt. Jeder hat den Tag frei und die Geschäfte sind geschlossen.

Kirchensteuer

Deutschland ist eines der wenigen Länder der Welt, das eine Kirchensteuer erhebt. So finanzieren die Kirchen ihre Ausgaben für die Gemeinde. Die Finanzämter erheben die Steuern für die Kirchen von ihren Mitgliedern. Die Zusammenarbeit zwischen Staat und Religionsgemeinschaften ist im Grundgesetz und in Vereinbarungen geregelt. Viele Vorräte stammen aus einer Zeit, als die überwiegende Mehrheit der Deutschen einer Kirche angehörte. Sie sind daher auf die christlichen Kirchen zugeschnitten. Seit einigen Jahren versucht der Staat, auch den Islam in die Vorschriften aufzunehmen.